Für mich persönlich gibt es nichts schöneres als sein Baby von Geburt an zu tragen. Zudem ist es auch noch äußert praktisch, hat man doch mit Baby im Tuch oder in der Tragehilfe die Hände frei und kann so auch die ein oder andere Kleinigkeit erledigen und das Baby ist trotzdem ganz nah bei Mama oder Papa. Aber auch unterwegs schätze ich das Tragen sehr, da man so flexibel ist. So kann ich zum Beispiel problemlos mit dem Zug fahren, was nicht überall selbstverständlich ist, denn weder der Bahnhof in unserem Ort noch der Hauptbahnhof in Augsburg sind beispielsweise barrierefrei und wie oft habe ich schon verzweifelte Eltern gesehen, die nicht so genau wussten wie sie ihren Nachwuchs jetzt die Treppen rauf und wieder runter bekommen und auf Hilfe anderer angewiesen sind. Zum Glück findet sich ja meist jemand, aber viele Leute laufen auch einfach an solchen Situationen vorbei ohne zu reagieren.
Das ist zugegeben ein ganz anderes Problem, das ich an dieser Stelle jetzt nicht weiter behandeln möchte, aber mit Baby oder Kleinkind im Tuch kann man sich solche Situationen auf jeden Fall ersparen. Und versteht mich nicht falsch, ich bin kein Gegner des Kinderwagens, nutzte ihn nur einfach persönlich sehr sehr selten.
Am allerliebsten nutze ich ein Tuch, denn das passt sich immer über die gesamte Tragedauer hindurch perfekt an Träger und Tragling an. Und mit etwas Übung bekommt man es auch immer schneller und leichter gebunden. Dennoch sind auch Tragehilfen unheimlich praktisch, hat man sie doch schnell angelegt und kann sie meist kompakt verstauen. Also für unterwegs oder wenn man das Baby immer wieder aus der Trage raus und wieder rein schnallen (oder binden) möchte, ist eine Trage sehr zu empfehlen.
Da für mich also klar war, dass ich auch eine Tragehilfe nutzen möchte, machte ich mich auf die Suche nach einer geeigneten. Leider musste ich schnell feststellen, dass mir entweder die Designs nicht gefielen oder aber selbst die gebrauchten Tragen mein angedachtes Budget überstiegen. Also beschloss ich mir eine Trage nach meinen Wünschen zu nähen. Ich hatte schon 2015 eine Trage genäht, als Mila ca. 1,5 Jahre alt war und wusste deshalb, dass dies ein machbares Projekt ist.
Als Grundlage nutze ich das Ebook „Trage mit Liebe“ von AnniNanni und dieser Beitrag ist mein persönlicher Erfahrungsbericht. Im Ebook werden drei verschiedene Möglichkeiten eine Trage zu nähen beschrieben, entweder komplett zum Binden, als Halfbuckle oder als Fullbuckle.
Da ich die Träger gerne flexibel wollte, habe ich mich für die Halfbuckleversion entschieden. Auch dabei kann man zweierlei Versionen unterscheiden, einmal gepolsterte Träger zum Binden oder aber wie bei meiner Trage, geraffte Tragetuchstränge, die man über die Schultern auffächern kann.
Außerdem unterscheidet das Ebook auch verschiedene Größen für das Rückenpanel, in Babygröße (ca. Gr. 68-80), Krabbelgröße (ca. Gr. 74-86) und Kleinkindgröße (ca. Gr.86-104). So stellt man sicher, dass die Trage exakt zur Größe des Kindes passt. Auch innerhalb der einzelnen Größen wächst die Trage dank verstellbarem Steg wunderbar mit und meine Schwester konnte beispielsweise ihren Sohn schon problemlos ab Geburt in der Babygröße tragen.
Außerdem lässt sich der Nackenbereich verkleinern um so den Kopf noch besser zu stabilisieren. Optional lässt sich auch mit Hilfe zusätzlicher Tunnelzüge am Rückenteil auch die Länge dessen variieren. Diese habe ich allerdings bewusst weggelassen, da man die Höhe des Rückenteils auch problemlos über die Position des Hüftgurtes anpassen lässt. Lasst euch das aber im Zweifel einfach von einer erfahrenen Trageberaterin erklären. Nur kurz, umso höher ihr den Hüftgurt schnallt umso kürzer ist das Rückenteil.
Die Kopfstütze könnt ihr nun ganz nach eurem persönlichen Vorlieben gestalten, entweder ihr nehmt einen Baumwoll-Webwarenstoff, der euch besonders gut gefällt oder aber ihr verarbeitet hier auch den Tragetuchstoff, den ihr für das Rückenteil verwendet.
Ihr benötigt ausschließliche eine normale Nähmaschine, falls ihr einen Overlock besitzt, könnt ihr diese zum Versäubern nutzen, man kann das aber auch mit der normalen Nähmaschine machen. Gerade die Schnitteile des Rückenteils würde ich unbedingt vor dem Vernähen versäubern, da der Stoff schnell ausfransen kann.
Außerdem solltet ihr etwas Zeit einplanen, denn das Nähen einer Tragehilfe ist sicher kein Projekt das „mal schnell“ oder „zwischendurch“ abgearbeitet ist. Dafür wird man hinterher auch sehr mit einem tollen Ergebnis belohnt.
Grundsätzliche eigenen sich alle diagonalelastischen Stoffe. Ich habe bisher immer Tragetücher verarbeitet. Wenn man nur das Rückenteil aus diesem Stoff möchte, reicht auch nur ein Stück eines Tuches (hierfür gibt es beispielsweise Facebook-Gruppen, in denen diese angeboten werden). Oder man kauft sich einfach ein neues oder gebrauchtes Tuch, ganz wie ihr das möchtet. Ich habe beispielsweise für meine Trage das Tuch „Doubleface Anthrazit“ in der Größe 6 von Didymos verarbeitet. Das Tuch reicht in meinem Fall für das Rückenteil und die Träger meiner Trage und für noch einmal ein Rückenteil für die Trage meiner Schwester.
Sogenannten „Tragetuchstoff“ kann man aber auch als Meterware beziehen, beispielsweise bei „Girasol“ oder aber auch in dem fränzösischen Shop „Colimaçon & Cie“.
Die Träger werden ebenfalls aus „Tragetuchstoff“ oder aus passender festerer Baumwollwebware genäht.
Da ich selbst jetzt einige Zeit gesucht habe, wo ich geeignetes Material bekomme, möchte ich euch kurz meine Ergebnisse zusammenfassen. Falls ihr noch weiter gute Tipps an der Hand habt, würde ich mich sehr über eine Nachricht freuen und würde diese dann ergänzen.
Die beste Schnalle für den Hüftgurt, da es sich um eine Sicherheitsschnalle handelt und sich bis jetzt auch im Einsatz gut bewährt hat, habe ich in dem Shop „baender24.de“ gefunden. Diese Steckschnalle schließt zuverlässig und fühlt sich sehr sicher an. Natürlich solltet ihr die Schnallen vor dem Vernähen immer genau testen, denn die Sicherheit der Babys und Kinder ist sehr wichtig.
Die Gurtbänder (aus Polyamid, stark) habe ich nun aktuell in dem Shop „extremtextil.de“ bestellt. Sie fühlen sich sehr gut und hochwertig an, was schon mal sehr überzeugt, denn ich hatte da schon viel Mist in den Händen. Allerdings habe ich es jetzt noch nicht vernäht, werde dann aber nach einiger Zeit mein Fazit ergänzen.
Für meine Trage habe ich Sicherheitsgurtband verwendet, was aber leider nicht dick genug, so rutscht es quasi durch die Schnalle hindurch und nur wenn man es doppelt nimmt, hält es. Das funktioniert in der Praxis ganz gut, ist natürlich so aber nicht gedacht, weshalb ich es nicht empfehle.
Die Schnallen für die Träger für die Fullbuckleversion für meine Schwester, die ich in Kürze nähen werde, habe ich übrigens auch in gleichem Shop gekauft.
Hier würde ich ganz klar von „normalem“ Schaumstoff abraten, denn dieser knautscht und verdreht sich stark, das sieht weder gut aus noch ist es auf Dauer angenehm zu tragen.
Bei meinem Hulfbuckle, also der Trage auf den Bildern, habe ich Verbundschaumstoff mit 1cm Dicke für den Bauchgurt verwendet. Diesen kann man entweder online bestellen, aber auch lokale Polsterer in eurer Umgebung sollten diesen vorrätig haben. Vorteil daran ist, dass ihr euch den Schaumstoff gleich in der passenden Größe zuschneiden lassen könnt. Aber auch wenn man ihn als Plattenware kauft, kann man mit Hilfe eines Cutters und Schere den Zuschnitt selbst übernehmen.
Nehm den Schaumstoff auf keinen Fall dicker, da er sich kaum zusammendrücken lässt und dann nicht mehr unter die normalen Haushaltsnähmaschinen passt. Bei „normalen“ Schaumstoff geht das nämlich gut, weshalb die Angaben im Ebook von meinen abweichen.
Die Stabilität dieses Verbundschaumstoffs ist auf jeden Fall prima. Er behält seine Form, ist aber trotzdem sehr flexibel.
Einen Nachteil hat er aber doch, wie der Name schon sagt, handelt es sich um einen Verbund von verschiedenen Komponenten und das kann beim Vernähen ein Problem werden. Manche Bestandteile sind nämlich so hart, dass die Nähmaschine es nicht schafft durchzustechen und das bei meiner Nähmaschine dann jedes Mal eine Fehlermeldung auslöst.
Deshalb teste ich nun einen weitern Schaumstoff, der auch beim Bauchgurt und den Trägern von Trekkingrucksäcken verwendet wird und unter dem Begriff „Evazote“ bei Extremtextil zu finden ist. Dieses Material wird auch für Isomatten genutzt. Ich bin sehr gespannt wie sich dieser bewährt und werde das ebenfalls ins Kürze nachtragen.
Bei Facebook gibt es übrigens auch eine extra Gruppe (“Tragehilfen und Zubehör selber nähen”), in dieser wird auch immer wieder empfohlen einfach Isomatten zu verwenden.
Beim Rest handelt es sich eher um Kleinkram, den man meist auch vor Ort bekommt, wie Kordelstopper, passende Kordeln, Snaps und Vlies zum Verstärken von stark beanspruchten Stellen.
Die exakten Mengen entnehmt ihr dann am besten der Vorlage, nach der ihr arbeitet, aber um eine grobe Vorstellung zu bekommen, was bei einer Trage alles verarbeitet wird, folgt nun eine Auflistung
An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass ich eventuell eine alte Version des Ebooks habe. Die Gestaltung ist da leider nicht sehr ansprechend umgesetzt, aber es werden alle Schritt bebildert erklärt, so dass man sich gut zurechtfindet. Eventuell wurde da ja noch etwas überarbeitet. Ich persönlich finde den Schnitt aber sehr überzeugend, weshalb ich ihn sehr gern nutze.
Ich bin sehr glücklich über mein Ergebnis und erfreue mich jedes Mal aufs Neue an dieser schönen Trage. Und wie ja schon öfter angedeutet, war das nicht meine letzte Trage, die ich genäht haben werde.
Alles Liebe,
euer Eleonora
Hinweis:
Ich habe alles was ich in diesem Beitrag erwähne selbst gekauft und kooperiere mit keinem der Hersteller. Auch das Ebook habe ich mir bereits vor einigen Jahren gekauft und empfehle es aufgrund persönlicher Überzeugung an dieser Stelle.
2 Kommentare
Total schön! Du schreibst, dass du auch schonmal eine Full buckle genäht hast. Gehören das wirklich nochmal Steckschnallen an die Verbindung von den Schultergurten und dem Hüftgurt? Ist das nicht eher unsicher, falls die aufgehen? Ich wollte eine Trage für meinen Mann nähen, damit er auch mehr trägt…
Hallo Maike,
vielen lieben Dank. <3 Genau an einen Fullbuckle gehören dann Steckschnallen zwischen die Schultergurte und den Hüftgurt. Und wie du schon schreibst, muss man diese mit Bedacht auswählen. Für meinen ersten habe ich tatsächlich vor Ort in einem Bergsportgeschäft Ersatzschnallen für einen Markenrucksack gekauft, die sicher und geprüft sind. Das wäre zum Beispiel eine Option. Für den nächsten Fullbuckle habe ich nun andere Schnallen gefunden, die ich mehrfach geprüft habe, denn sie müssen wirklich sicher halten.
Ich habe mich jedenfalls nie unsicher mit meinem Fullbuckle und meinem damals 15kg "Baby" gefühlt.
Trau dich einfach, das wird bestimmt gut!
Viele liebe Grüße,
Eleonora